Hans Baldung Grien

heilig | unheilig

Zurück in die Renaissance

Xenia · Dezember 2019

Ausdruckstarke Tafelgemälde, originelle Interpretationen traditioneller Sujets, exzentrische Gemälde und kraftvolle Holzschnitte – dies erwartet euch in der Großen Landesausstellung Baden-Württemberg „Hans Baldung Grien heilig |unheilig“ in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Wir haben an einer Führung teilgenommen, um das Werk des außergewöhnlichen Renaissance-Künstlers in seiner ganzen Vielfalt zu entdecken und ich kann euch garantieren: Ob Kunstprofi oder Kunstneuling - diese Ausstellung ist definitiv einen Besuch wert!

Von der Spätgotik bis hin zum Manierismus

Vor uns steht eine spannende Führung, bei der wir den Künstler Hans Baldung Grien und sein Schaffen näher kennenlernen werden. Hierfür setzt die im Wesentlichen chronologisch aufgebaute Ausstellung thematische Schwerpunkte und macht Baldungs stilistische Entwicklung anschaulich – von der Spätgotik über die Hochrenaissance bis hin zu einem eigenen, durchaus manieristischen Stil.

Voller Neugierde auf den außergewöhnlichen Renaissancekünstler starten wir unsere Führung im Eingangsbereich, wo wir von Baldung höchst persönlich empfangen werden: Mit seinem Jugendlichen Selbstbildnis – natürlich in Baldungs Lieblingsfarbe Grün, womit er seinem Beinamen „Grien“, „der Grüne“, gerecht wird. Durch dieses Exponat bekommen wir direkt einen ersten Eindruck des uns unmittelbar anblickenden und mit einer unglaublichen Souveränität auftretenden Baldung.

Unsere Baldung-Entdeckungsreise geht weiter durch die thematisch abgegrenzten Räume, in denen uns die ganze Bandbreite seines künstlerischen Schaffens vor Augen geführt wird – von seinen frühen Andachts- und Altarbilder über ausdrucksstarke Tafelgemälde, einer imposanten Reihe wunderbar leuchtender Glasgemälde, bis hin zu Portraits und Druckgrafiken. So erhalten wir einen breitgefächerten Überblick, erfahren spannende Details über die teilweise sehr eigenwilligen Werke und erkennen, dass Baldung im wahrsten Sinne des Wortes ein Ausnahmekünstler war: Er machte sich frei von allen Regeln und Normen und setzte den tiefgreifenden Umwälzungen seiner Zeit ein sehr individuelles, oftmals exzentrisches Werk entgegen.

Hans Baldung Grien, Jugendliches Selbstbildnis, um 1501/02

Schönheitskult und Hexentanz

Fasziniert von Baldungs ausdrucksstarken Werken erfahren wir im Laufe der Führung, dass zwei Pole sein Schaffen wesentlich bestimmten: Das Religiöse und das Weltliche, welches ihn zu drastischen Hexenszenen und sinnlichen Frauendarstellungen inspirierte. In zahlreichen Variationen schuf Baldung einen von kraftvoller Sinnlichkeit erfüllten Schönheitskult. Eine ganz besondere Vorliebe entwickelte er dabei für die Darstellung von Hexen und setzte Begierden und Triebe so drastisch in Bild wie kein anderer Künstler seiner Zeit. So ist in der Ausstellung auch ein ganzer Raum dem Hexenthema gewidmet, in welchem wir mehrere imposante Hexenwerke bestaunen können.

Doch eines führt er uns in seinen Werken stets vor Augen: Er ist ein Künstler, der Paradoxe in sich birgt - er stellt der Sinnlichkeit die Sünde gegenüber und es geht um das Werden und Vergehen, die Liebe und den Tod, die freudvollen und die leidvollen Momente des Lebens. Damit wird uns im Laufe der Führung auch klar, was sich hinter dem Untertitel „heilig | unheilig“ verbirgt, denn oft sind Baldungs Bilder beides in einem: heilig und unheilig.

Hans Baldung Grien, Zwei Hexen, 1523

Exponate digital unter die Lupe nehmen

Bis ins kleineste Detail an den Hochalter des Freiburger Münsters heranzoomen oder durch das 500 Jahre alte Karlsruher Skizzenbuch blättern und dazu interessante Infos abrufen? Dank dem digitalen Begleitangebot ist auch dies in der Ausstellung möglich. So erhalten wir einen faszinierenden Einblick in das Karlsruher Skizzenbuch und können den Hochaltar auf einem großen Bildschirm genau unter die Lupe nehmen – so nah würde man diesem nicht einmal im Freiburger Münster kommen. Probiert es selbst aus!

Dürer’s Haarlocke - Ein etwas anderes Geschenk der Anerkennung

Eine Haarlocke als Freundschaftsgeschenk? Ja, das ist vielleicht nicht das gewöhnlichste Geschenk. Doch für Baldung hatte die Haarlocke von seinem Meister und Freund Albrecht Dürer, die er nach dessen Tod erhielt, eine ganz besondere Bedeutung: Sie war ein Zeichen des künstlerischen Erbes und der Anerkennung. In der Ausstellung erkennen wir auch, dass die Beziehung zu Dürer Baldungs Schaffen stark geprägt hat: Wir lernen Baldung als einen Maler kennen, der sich immer wieder auf Dürer bezieht, sich aber auch demonstrativ von diesem Vorbild abzusetzen wusste.

Ein mysteriöser Fall

Baldung ist ein Meister der Rätsel – Das wird uns auch in seinem Holzschnitt „Der behexte Stallknecht“ wieder einmal vor Augen geführt. Vieles was Baldung zeitlebens beschäftigt hat, wie dämonische Mächte, animalische Triebe und das Bewusstsein von Vergänglichkeit, bündelt er in diesem Exponat zu einer rätselhaften Handlung, welcher ihr in der Jungen Kunsthalle auf die Spur gehen könnt. Mehr dazu gibt es übrigens auch in unserem nächsten Blogbeitrag.

Hans Baldung Grien, Der behexte Stallknecht, um 1534

Fazit

Die Große Landesausstellung zeigt Hans Baldung Grien als einen exzentrischen, eigenwilligen und vielseitigen Renaissancekünstler, welcher ein schillerndes Gesamtwerk hinterließ und aus den Schatten seiner Zeitgenossen Dürer und Cranach hervortritt. Ich kann jedem nur empfehlen, sich selbst ein Bild des außergewöhnlichen Künstlers zu machen, denn meiner Meinung nach ist die Ausstellung definitiv einen Besuch wert – auch für jene, die nicht sehr kunstinteressiert sind.

Unser Tipp: Um wissenswerte Informationen über Baldung und dessen Werke zu erfahren, erkundet ihr die Ausstellung am besten per Führung.

 

Hans Baldung Grien heilig | unheilig

Staatliche Kunsthalle Karlsruhe

30.11.2019 bis 08.03.2020