Improtheater zum Mitmachen

KulturTalk mit Manuel Speck

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Julia -Februar 2025

Theater ganz ohne festgelegtes Stück und Textlernen – das klingt verrückt? Beim Improtheater Karlsruhe könnt ihr genau das ausprobieren! Manuel Speck, Gründer und Leiter des Improtheater Karlsruhe sowie Leiter des Figurentheaters marotte, hat uns im KulturTalk berichtet, was Improtheater eigentlich heißt, was man dabei Tolles erleben kann und wie auch Ihr dabei sein könnt.

Die Karlsruher Kultur bietet vielfältige Möglichkeiten für Interessierte, sich kreativ auszutoben und Ideen einzubringen. In der Reihe "Kultur zum Mitmachen" befragen Julia und Jana  Karlsruher Kulturschaffende zu ihren Mitmach-Angeboten und ihren persönlichen Erlebnissen.

Was ist das Improtheater Karlsruhe überhaupt?

Das Improtheater Karlsruhe ist ein Zuhause für alle Menschen, die die Kunstform Improtheater kennenlernen wollen. Improtheater bedeutet, auf die Bühne zu gehen, keinen Text vorher auswendig gelernt zu haben, keine Rolle einstudiert zu haben und kein Bühnenbild zu haben, sondern einfach miteinander im Moment Theater zu spielen und dem nachzugehen, was kommt.

Wie kommt man auf die Idee, so etwas Ungewöhnliches als Job zu machen?

Das machen tatsächlich nur ganz wenige in Karlsruhe! Ich habe schon in der Schulzeit in der Theater-AG klassisches Stück-Theater gespielt und dann in Mainz Film- und Theaterwissenschaft studiert. Im Studium habe ich zum ersten Mal Improtheater gesehen und fand es sofort ziemlich cool. Dieser riesige Stress, wochenlang Text auswendig zu lernen und eine Regie zu haben, die einem sagt, bei welchem Satz man ein Glas irgendwo abzustellen hat oder so, fällt einfach weg. Man hatte viel Vorbereitungszeit, hat die Rolle vielleicht zehn Mal gespielt und dann war es für immer vorbei. Beim Improtheater kann man sich einfach auf die Bühne stürzen und im Moment kreativ sein. Man ist sozusagen Schauspieler, Regisseur, Choreograph, alles in einem.

©Improtheater Karlsruhe

©Improtheater Karlsruhe

Was kann man beim Improtheater Spielen für sich mitnehmen?

Ich glaube, unsere Kursteilnehmer:innen würden alle etwas ganz Anderes sagen, wenn man sie fragen würde. Einerseits kann man lernen, mit seinem Körper umzugehen, der Körpersprache und der Stimme. Für viele ist besonders, dass man ein Vehikel oder Ventil hat, um seine Kreativität auszuleben. Es vermittelt aber auch einen wichtigen Skill von Zusammenarbeit, denn Improtheater funktioniert nicht alleine. Es ist sehr wichtig, dass man den anderen auf der Bühne zuhört. Wenn wir eine Szene spielen würden und du würdest mich mit „Hey, Schatz!“ anreden, würde ich verstehen, dass du entweder meine Partnerin oder meine Mutter bist und wahrscheinlich nicht meine Vorgesetzte. Da muss man beieinander sein und darf nicht im eigenen Kopf versinken. Man findet hier Freunde, lernt etwas über sich selbst und über Andere.

Was war in Deiner bisherigen Arbeit ein persönliches Highlight für Dich?

Über die Jahre ist mir aufgefallen, dass wir eine sehr breite Community haben. Hier gehen Leute von 18 Jahren bis ins hohe Rentenalter einem Hobby nach. Wir haben also eine sehr heterogene Basis an Menschen: viele Frauen, viele Männer, queere Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund, alle Altersklassen. Sie spielen miteinander und das ist nie ein Thema. Bei anderen Hobbys ist das nicht so leicht, im Sportverein hat man ja zum Beispiel eher Menschen im eigenen Alter oder bei klassischem Theater ein eher einheitliches Publikum an Menschen, die ins Theater gehen oder spielen.

Gibt es irgendwelche Voraussetzungen, um beim Improtheater mitzumachen?

Eine Voraussetzung ist, dass man 18 Jahre alt sein muss. Unsere Standrad-Kurse richten sich an Erwachsene. Man sollte auch einigermaßen rüstig sein. Leider ist unsere Improtheaterschule nicht barrierefrei, weshalb es mit Rolli aufgrund der Gegebenheiten nicht funktioniert, was mir auch das Herz bricht. Sonst ist hier aber jeder willkommen. Auch das Einkommen ist uns egal. Wir haben zwar Preise für unsere Kurse, schreiben aber immer dazu, das Geld kein Faktor sein soll. Wenn man uns eine liebe E-Mail schreibt, dass man es sich zu dem preis leider nicht leisten kann, finden wir immer eine Lösung. Wir haben noch nie jemanden wegen Kohle nicht angenommen, da darf jeder dabei sein.

Man baucht also auch keine Theater-Erfahrung?

Nein, gar nicht. Wir haben ein dreistufiges Kurssystem mit A-, B- und C-Kursen. A-Kurse richten sich an Menschen, die noch nie Theater gespielt haben und vielleicht nicht mal genau wissen, was das ist und es ausprobieren wollen, weil sie den Waschbären im Logo süß fanden.  Man wird von der ersten Kursstunde an die Hand genommen und muss nichts wissen, vorbereiten oder mitbringen. Man kann einfach kommen, wie man ist.

Gibt es beim Improtheater auch spezielle Angebote für Studierende?

Wie gesagt ist Geld nie ein Thema bei uns. Wenn ein Studi also von Bafög lebt und kaum Geld hat, schreibt mir einfach, erklärt eure Situation und dann passt das. Einmal im Monat samstags oder sonntags bieten wir das Impro-Daddeln an. Das ist komplett kostenlos. Dabei kann man einfach mal reinschnuppern, bevor man sich hier verbindlich anmeldet. Das kann ich jedem empfehlen, die Termine findet man über unsere Website oder die Social Media-Kanäle. Gezielte Angebote für Studis haben wir bewusst nicht, weil wir eine breite Gruppe ansprechen wollen. Wir haben uns schon überlegt, Angebote nur für Studis oder nur für Senioren zu machen, aber es lebt einfach vom Austausch und dem Miteinander. Es gibt mir einfach etwas, wenn ich sehe, dass die Teilnehmer nach dem Kurs zusammen etwas trinken gehen und ich einen 20-jährigen Informatikstudenten mit einer 70-jährigen Rentnerin mit der Gruppe in eine Bar gehen sehe. So ist es für alle, die Bock haben, Kunst, Kultur oder Theater auszuprobieren. Da gibt es keinen entscheidenden Faktor, ich habe noch keine Gemeinsamkeit identifiziert. Ich habe hier zum Beispiel auch junge Führungskräfte, die wegen ihrer Fachkenntnisse in eine Position gerutscht sind und sich jetzt darin ausprobieren wollen, vor Menschen zu sprechen und aus sich raus zu gehen. Das passt genauso wie bei der 20-jährigen PH-Studentin, die Lehrerin werden will und Übungen lernen will, die sie später mit ihren Schülerinnen und Schülern machen kann.

Gibt es einen Rhythmus, wann ich mich am besten anmelde?

Auf unserer Homepage unter „Kurse“ findet man immer alle Kurse, die zukünftig starten werden. Neue Anfänger:innenkurse starten alle zwei bis drei Monate. Im März geht der nächste Zyklus los, dann im Juni und dann im September. 

Steht in nächster Zeit ein Projekt an, auf das du dich besonders freust?

Ich habe eigentlich immer mehr Projekte im Kopf als Zeit, sie umzusetzen. Vom 21. bis 23. März haben wir jeden Abend einen Auftritt unter der Prämisse „Unser Dorf“, bei dem wir jeden Abend einen Einblick in das Innenleben eines typisch deutschen Dorfes schauen. Das Schöne daran ist, dass es fortlaufend wird, also am Freitagabend baut sich die Geschichte auf und geht dann am Samstag- und Sonntagabend weiter. Man muss nicht an allen Abenden kommen, aber es ist etwa wie bei Staffeln einer Serie, was ziemlich cool wird. Ihr seid die Ersten die das jetzt erfahren: Im Juni plane ich, einen Marathon zu machen, bei dem wir eine 48-stündige Show spielen. Das Publikum muss nicht die ganze Zeit dabei sein, kann aber natürlich, wenn es soviel Durchhaltevermögen hat. Da werden wir für einen guten Zweck ein Epos spielen. Da bin ich selbst gespannt, wie es ist, so lange auf der Bühne zu sein. Einmal im Jahr gibt es außerdem noch unser Improtheater-Festival für eine Woche Ende August. Mittlerweile ist es das größte seiner Art in Deutschland, zu dem Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Welt hierher kommen. Das sind zum Beispiel Leute aus Ägypten oder Japan, die zeigen, wie man Improtheater in diesen Ländern und Kulturen spielt. Dieses Festival gibt es seit 2016 und es ist immer weiter gewachsen, wir sind da auch der Stadt für ihre Unterstützung sehr dankbar.

Wo finden Eure Events statt?

Das Improtheater ist in der Gellertstraße 12 zuhause, wo alle unsere Kurse stattfinden. Die öffentlichen Auftritte finden im marotte Theater im Theaterhaus am Mühlburger Tor statt. Diese Zweiteilung funktioniert sehr gut.

Was möchtest du allen Interessierten noch mitgeben?

Falls Ihr das jetzt gehört habt und cool findet, euch aber nicht traut oder euch nicht diesen Ruck geben könnt: Meldet Euch bei uns, kommt mal zu unseren Shows vorbei und redet mit uns! Wir freuen uns über jeden, der Bock hat, mit uns in den Austausch zu gehen und haben Lust, neue Leute kennenzulernen und zu begeistern für Kunst und Kultur in Karlsruhe. Und wenn Improtheater nicht das Richtige ist, dann geht zu den andere Kunst- und Kultureinrichtungen in der Stadt, ins Theater, Kino oder Museum. Schaut mal bei Kultur in Karlsruhe ins Angebot rein!

Vielen Dank...

dass Du uns über das Improtheater Karlsruhe berichtet hast! Wir wünschen Dir für Eure Kurse, Shows und Festivals alles Gute.