Theater zum Mitmachen am Sandkorn
KulturTalk mit Patricia Keßler
Die Karlsruher Kultur bietet vielfältige Möglichkeiten für Interessierte, sich kreativ auszutoben und Ideen einzubringen. In der Reihe "Kultur zum Mitmachen" befragen Julia und Jana Karlsruher Kulturschaffende zu ihren Mitmach-Angebotenund ihren persönlichen Erlebnissen. Im September ist Patricia Keßler vom Sandkorn zu Gast. Wer die Sendung verpasst hat, kann sie jederzeit hier nachhören oder auf unserem Blog nachlesen.
Patricia Keßler ist am Sandkorn für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, aber auch oft als Schauspielerin und Sängerin auf der Bühne zu sehen. Im KulturTalk berichtet sie Jana und Julia, wie man am Sandkorn mitmachen kann und welche schönen Begegnungen dabei schon entstanden sind.
Wie bist du selbst zum Theater gekommen und hast zum ersten Mal irgendwo mitgemacht?
Meine erste Erinnerung ist die an eine Kindergartenaufführung, bei der ich mit drei oder vier zum ersten Mal auf einer Bühne stand. Ich war ein Fischlein und habe gesungen und getanzt, das fand ich damals schon toll. In Bezug auf Mitmach-Theater kann ich mich an eine Mitmachaktion in einem Park vom Stadtjugendausschuss erinnern, zu der man als Kind spontan dazukommen konnte, etwas einstudiert und später aufgeführt hat. Das war eine Zirkus-Szene, es dauerte nur einen Nachmittag und ich fand es toll, dass man einfach mitmachen konnte. Zum Sandkorn bin ich dann auch fast wie bei einem Mitmach-Theater gekommen, das fiel mir zufällig in den Schoß. Bei der ersten Produktion „1968 – Als der Planet Feuer fing“, bei der ich als Schauspielerin und Sängerin mitgemacht habe, ist jemand vor der Premiere abgesprungen und ich wurde ganz überraschend nachgecastet. Das war eine professionelle Produktion, aber weil es so spontan war, fühlte es sich ein bisschen an wie Mitmachtheater.
Welche Formate bietet das Sandkorn zum Mitmachen an?
Beim Sandkorn gibt es ganz unterschiedliche Angebote aus verschiedenen Bereichen. Zum Einen haben wir Gruppen, bei denen man mitmachen kann. Wir sind sehr glücklich, dass sie bei uns am Haus sind, weil das unser Prinzip „Theater für alle“ unterstreicht, das wir sehr wichtig finden. Wir haben die inklusive Gruppe „D!e Sp!nner!“ am Haus, die sich aus Menschen mit und ohne Behinderung zusammensetzt, aus professionellen Schauspielern und einer professionellen Regisseurin, Steffi Lackner, die die Sp!nner auch mitbegründet hat. Tatsächlich haben sie 2023 ihr 20-jähriges Jubiläum gefeiert. Das ist besonders toll, weil zu der Zeit Inklusion noch kein bekanntes Schlagwort für viele war. Sie machen tolles Theater: Jedes Jahr wird eine Produktion selbst entwickelt und aufgeführt, alle schreiben an den Szenen mit. Neue Gesichter sind da immer willkommen. In den letzten beiden Jahren haben wir sogar aktiv neue Spieler gesucht, sowohl mit Behinderung als auch ohne, mit Lust Theater zu spielen. Jeder kann sich einbringen, Theatererfahrung ist erwünscht, aber keine Voraussetzung. Ergänzen will ich noch, dass wir dieses Jahr den Karlsruher Inklusionspreis gewonnen haben, was ein tolles Zeichen und besonders toll für die Gruppe war, die am haus tolle Arbeit leistet und verankert ist.
Dann haben wir auch den Jugendclub im Sandkorn. Das sind junge Menschen, etwa zwischen 15 und 26, die jedes Jahr mit Theaterpädagoginnen und unter professioneller Regie ein abendfüllendes Stück erarbeiten und mehrfach aufführen. Auch hier werden jedes Jahr wieder neue Spieler gesucht, auch wenn es natürlich viele gibt, die gerne immer wieder dabei sind. Das ist offen für jeden, der Lust hat, sich einzubringen, auch in anderen Bereichen. Es gibt zum Beispiel auch zwei Technikerinnen oder man könnte sich etwa im Bühnenbau probieren.
Außerdem haben wir noch unsere Senioren-Theatergruppe, die Gruppe BASTA 60+, die auch jedes Jahr unter der professionellen Regie von Mimi Schwaiberger ein Stück am Haus erarbeiten. Sie hatten im Juli ihre Premiere, das Projekt startet also in ein paar Monaten wieder. Man kann immer anfragen, auch wenn die Gruppe manchmal schon voll ist, sind grundsätzlich alle Senioren ab 60 willkommen.
In welchen Bereichen kann man sich – auch abseits der Bühne – einbringen?
Sehr schön ist auch unser sehr aktiver Freundeskreis, für den wir total dankbar sind. Gegen einen Jahresbeitrag kann man dort Mitglied werden und wird dann zu allen Premieren und verschiedenen Veranstaltungen eingeladen. Das sind Freunde des Hauses, die uns nahestehen und sich auch immer wieder einbringen. Wir haben zum Beispiel bei verschiedenen Events immer wieder Bedarf an ehrenamtlichen Helfern, etwa bei unserem Stand auf dem FEST, den wir mit unserer dünnen Personaldecke nicht abdecken können und wo der Freundeskreis uns aushilft.
Muss man irgendwelche Voraussetzungen oder Fähigkeiten mitbringen?
Man kann theoretisch einfach vorbeischauen und mitmachen. Im Jugendclub werden zum Beispiel auch Theatertechniken vermittelt, die Teilnehmer bekommen Anleitung und Unterstützung, da ist jeder willkommen. Die Begrenzung besteht im Prinzip nur in der Projektstruktur, ein Projekt endet eben mit einer bühnenreifen Aufführung am Theater. Dadurch muss man eine bestimmte Probenzeit erfüllen und sich bewusst sein, dass Theaterarbeit wirklich Arbeit ist. Man muss zuverlässig dabei bleiben und kann nicht mal eben einen Monat lang nicht kommen, wenn man mal keine Lust hat. Wenn man in der Produktion mitmacht, dann muss man auch dabei sein. Ansonsten kann es aber jeder einfach mal ausprobieren. Zu bestimmten Terminen geht es immer los, das ist beim Jugendclub im Oktober. Als Startschuss gibt es ein Willkommenstreffen, bei dem man sich vorstellen kann und schauen, ob einem das Projekt gefällt. Der Termin wird immer auf der Homepage ausgeschrieben. Bei BASTA und bei den Sp!nnern ist das anders, da finden sich auf der Homepage Kontaktdaten. Dort kann man sich melden, wenn man mitmachen möchte.
Ist dir ein besonders schönes Erlebnis aus einer Mitmach-Produktion in Erinnerung?
Man kann auch bei einzelnen Veranstaltungen oft ad hoc mitmachen. Das ist dann kein Theaterprojekt, sondern das Publikum wird einfach – zum Teil regelmäßig – einbezogen. Ein Beispiel ist die Gastspielkonzertreihe „Jazz & More for Kids“ in Kooperation mit der Hemingway Lounge. Das findet etwa ein Mal im Monats statt, die nächste Veranstaltung ist am 20. Oktober. Es ist ein Konzert zum Mitmachen für alle Generationen vom Kleinkind bis zu den Großeltern, bei dem alle aufgefordert werden, mitzuklatschen, mitzumachen und mitzusingen. Als Jugendstücke hatten wir schon einige interaktive Hörspiele am Haus, bei denen das Publikum etwa Geräusche erzeugt, die dann aufgenommen und gleich ins Hörspiel eingebaut werden. Und auch ohne spezielles Mitmach-Format gibt es Stücke, bei denen das Publikum immer wieder mitmacht: Das gibt es zum Beispiel beim Musical „Mit Vollgas in die 80er“. Dabei wird sehr oft aktiv mitgetanzt und gesungen, weil natürlich alle die Songs kennen. Ein sehr schönes Erlebnis war zum Beispiel die Premiere, zu der sehr viele Gäste im 80er Look verkleidet gekommen sind und mitgefeiert haben. Auch die Sp!nner sind mit ihren Stücken immer wieder ein großes Highlight. Dass wir den Inklusionspreis bekommen haben, war auch ein tolles Highlight, für das Haus und für die Sp!nner, die die Arbeit leisten. Gerade in der heutigen Zeit, in der in der Gesellschaft grauenhafte Themen wieder aufkommen, ist es wichtig, Stellung zu beziehen. Wir machen seit 20 Jahren Inklusion an unserem Haus. Die Gruppe eröffnet eine ganz originelle Sicht auf die Kultur. Dieses Theater ist etwas ganz Besonderes, weil es auch den Blick des Publikums verändert. Das finde ich eine großartige Sache.
Vielen Dank...
für das schöne Gespräch! Wir wünschen dir und dem Sandkorn weiter viel Freude beim Mitmach-Theater.