Was macht eigentlich...

eine Bühnenmalerin am Badischen Staatstheater Karlsruhe?

Zum Interview

Maelle - Mai 2021

Ebenso bunt wie die Karlsruher Kultur ist die Vielzahl an Berufen in der Szene - manch einer skurriler als der andere. In dieser Reihe stellen wir Euch daher Stück für Stück einige Gesichter vor, die dafür sorgen, dass Oper, Ausstellung, Aquarium und Co. so vor unseren Augen erscheinen, wie sie es tun.

#7: Was macht eigentlich... eine Bühnenmalerin am Badischen Staatstheater Karlsruhe?

Miriam Uebach

... ist Bühnenmalerin am Badischen Staatstheater Karlsruhe. Was genau ihren Beruf ausmacht, erfahrt Ihr im folgenden Interview.

Miriam, an (und auf) einem Übungsprospekt arbeitend. © Bernhard Busse

Du bist Bühnenmalerin am Badischen Staatstheater, wie lange arbeitest Du schon dort und wie bist Du in diesem Job gelandet?

Im September 2019 bin ich in die Ausbildung gestartet. Mit eineinhalb Jahren ist nun schon die Hälfte der Lehrzeit rum! Viele meiner Kollegen arbeiten allerdings schon über 20 Jahre im Malsaal. Wenn man eine feste Stelle hat, macht man es sich dort gern gemütlich – die Plätze sind rar gesät. Tatsächlich über einige Umwege, allerdings immer getrieben von meiner Leidenschaft für Kunstschaffen jeglicher Art. Von dem Beruf habe ich über jemanden den ich kenne, der jemanden kennt, der wiederum jemanden kennt, der ihn ausübt, erfahren ;) Außerdem konnte sich die Dozentin eines Kurses meiner heimatlichen Jugendkunstschule gut vorstellen, wie ich eines Tages Kulissen am Theater bemale, lange, bevor ich mir das selbst zutraute.

Was macht Dir in diesem Job in der Kultur besonders Spaß? Was sind die Herausforderungen?

Es ist ein großartiges Gefühl, seinen Teil dazu beizutragen, wenn viele verschiedene Abteilungen gemeinsam ein einzigartiges Projekt auf die Bühne bringen. Wir schaffen neue Welten in unserer Welt, um sie zu reflektieren, persiflieren, umzudenken. Zu sehen, dass traditionelles Handwerk nach wie vor seinen Platz, seine Berechtigung und seine Anhänger hat, schenkt mir den Glauben daran, dass das Original nach wie vor unersetzbar ist und wir bei allem, was mittlerweile artifiziell hergestellt wird, noch eine Sehnsucht nach dem liebevoll Handgemachten verspüren. Als herausfordernd erlebe ich den stetigen gesellschaftlichen Wandel, der ständig wechselnde Anforderungen mit sich bringt. Was gestern noch atemberaubend war, ist heute plötzlich langweilig und es braucht neue Mittel, um das Publikum zu begeistern. Die Themen ändern sich. Wir müssen in unserer Branche auch an Dingen arbeiten, hinter deren Message wir nicht unbedingt stehen, oder die wir persönlich anders verpackt hätten.

„Auf den Wolken laufen“, Ausschnitt eines Übungsprospekts © Miriam Uebach

Was war bisher Dein persönliches Highlightprojekt?

Unglaublich viel Freude hatte ich beim Mitarbeiten an der Kulisse zum Handlungsballett „Maria Stuart“, das eigentlich vor gut einem Jahr Premiere gefeiert hätte, nun aber hoffentlich in 2022 gezeigt werden kann. Ich habe zwei Wochen gemeinsam mit zwei Kolleginnen sehr konzentriert gemalt und schabloniert und durfte, obwohl ich zu dem Zeitpunkt erst am Anfang meiner Ausbildung stand, einige Schablonen selbst entwerfen und den Teil bemalen, der zuerst ins Auge fällt. Ich habe mich sehr über das Vertrauen gefreut, dass mir und meinen Fähigkeiten da entgegengebracht wurde. Außerdem fühlte ich mich beim Arbeiten des Öfteren ins 16. Jahrhundert zurückversetzt. Malen kann auch Zeitreisen bedeuten!

Was wissen die meisten Menschen nicht über Deinen Beruf?

Tatsächlich wissen viele nicht, dass wir einen Großteil unserer Arbeit im Stehen verrichten und zwar nicht aus dem Grund, dass die Kulissen aufgestellt und auf Leitern bearbeitet werden, sondern weil sie auf dem Boden liegen und wir auf ihnen herumspazieren. Wir nutzen eigenes Malwerkzeug – praktisch alles, was man vom Malermeister kennt, in Verlängerung. Vielen ist auch unbekannt, dass wir nach genauen Maßvorgaben arbeiten. Wir entscheiden nicht frei, was wir malen. Augenzwinkernd bezeichne ich mich auch gern als Kunstfälscherin.

Pinselaufsätze für sogenannte Landschafter (Stielpinsel). © Miriam Uebach

Was war bisher Dein skurrilstes, lustigstes oder erinnerungswürdigstes Erlebnis auf der Arbeit?

Eine meiner Kolleginnen bekam vor einiger Zeit die Anweisung, ein kleines rosa Schwein, das irgendwo im Internet bestellt worden war, in ein geröstetes Spanferkel zu verwandeln. Da sie Vegetarierin ist, sah man ihr während des gesamten
Arbeitsprozesses an, wie sehr sie mit diesem Schwein haderte… letztendlich hat sie die Aufgabe aber fabelhaft gemeistert und nach mehrtätiger Arbeit war es malerisch fertig gegrillt. Es wurde auch einmal eine Babypuppe vorbeigebracht mit der Bitte, sie doch so zu gestalten, als hätte das Kind einen qualvollen Erstickungstod erlitten. Malen kann also auch morden bedeuten…