Wiedereröffnung der Museen

Ein Experten-Interview mit dem Präsidenten des Deutschen Museumsbundes

Zum Interview

Katja und Teresa · Mai 2020

Endlich ist es wieder soweit: Dank einiger Lockerungen der Corona-Maßnahmen dürfen seit kurzer Zeit die Kultureinrichtungen, wie Bibliotheken& Archive, sowie Museen & Galerien unter Auflagen wieder öffnen. Die Kulturlandschaft wird so wieder zum Leben erweckt. Zu diesem besonderen Anlass haben wir mit Herrn Prof. Dr. Köhne gesprochen. In unserem virtuellen Interview haben wir einen interessanten Einblick in die aktuelle Lage der Museen erhalten und blicken zusammen mit ihm in ihre Zukunft…

Unser Stargast:
Herr Prof. Dr. Eckart Köhne ist seit 2014 Direktor des Badischen Landesmuseums und Präsident des Deutschen Museumsbundes.

Prof. Dr. Eckart Köhne; © Uli Deck

Wie sehen Sie die aktuelle Situation der Museen und wie wichtig ist eine jetzige Wiedereröffnung der Museen aus Ihrer Sicht?

Ich sehe die Wiedereröffnung der Museen als einen längst überfälligen und wichtigen Schritt an. Museen bewahren das bewegliche kulturelle Erbe und müssen als jenes den Bürgern und Bürgerinnen zur Verfügung stehen. Die Museen nehmen die beschlossenen Auflagen und Hygiene-Maßnahmen sehr ernst und können aufgrund ihrer verfügbaren großflächigen Räume gewährleisten, dass sich die Besucher und Besucherinnen dort frei bewegen können. Zudem haben die Museen als Einrichtung Erfahrung darin, die Museumsbesucher*innen bestmöglich durch die Räumlichkeiten zu führen und ihnen einen ungestörten Aufenthalt zu ermöglichen.

Sind Museen systemrelevant? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

Der Begriff „Systemrelevanz“ ist ein mehrdeutiger Begriff, der heutzutage eine Hierarchie von wichtigen und unwichtigen Dingen impliziert. Ich sehe es als einen falschen Ansatz an,in dieser Form darüber zu denken. Meiner Meinung nach ist es wichtig, eine Infrastruktur sicherzustellen, auch, wenn diese nicht von allen genutzt wird. Solche Infrastrukturen, wie beispielsweise Fußballstadien, Hallenbäder oder auch Museen, machen dennoch die Gesamtheit unserer Gesellschaft aus, weshalb diese alle gleichermaßen als relevant angesehen werden sollten. Museen sind deshalb auch so von Bedeutung, weil sie als vermittelnde Institutionen die Aufgabe haben, das bewegliche kulturelle Erbe zu erhalten und zu schützen. Weiterhin ist es in unserer Gesellschaft wichtig, neue Anregungen und Impulse zu bekommen, die über das tägliche Leben hinausführen. Für diese Auseinandersetzung spielt das „Erlebnis Kultur“ eine sehr wichtige und ebenso relevante Rolle. Museen tragen zudem zum Verständnis von globalen Herausforderungen, wie zum Beispielder aktuellen Pandemie oder des Klimawandels, bei. Als Vermittler von diesen wichtigen Themen sind Museen deshalb so unerlässlich für unsere Gesellschaft.

Einblick in die Sonderausstellung "Planet 3.0 – Klima.Leben.Zukunft" des Staatlichen Naturkundemuseums Karlsruhe

Familienbesuch im Vivarium des Staatlichen Naturkundemuseums Karlsruhe; © Jürgen Rösner

Welche Lösungsansätze gibt es, um die aktuelle Lage der Museen zu verbessern?

Mit der Corona-Pandemie müssen wir alle umgehen. Natürlich hat sich die Lage der Museen erheblich verschlechtert. Dennoch müssen wir uns der Herausforderung stellen, mit dem Museumsbesuch weiterhin ein Erlebnis zu kreieren. Man sollte die Verknappung nutzen, um einzigartige Angebote zu schaffen. So bietet zum Beispiel das Badische Landesmuseum exklusive Touren in Kleingruppen mit einem Museumsführer an, um den Besuchern und den Besucherinnen weiterhin Einblicke in die Ausstellungen geben zu können und darüber hinaus sogar Dialoge mit den Expert*innen zu ermöglichen. Die aktuelle und zentrale Herausforderung für die Museen besteht nun darin, den Besucher*innenüber die technischen Probleme hinaus ein Erlebnis zu vermitteln.

Wie sehen Sie die Zukunft der Museen? Und inwieweit könnte sich aus dieser Krise eine Chance für die Digitalisierung der Museen entwickeln?

In Zukunft wird die Rolle der Museen als definierte „Third Places“ und „Neutrale Orte der Bewegung“ immer wichtiger. Die Museen müssen sich den Platz als Orte der Begegnung sichern, an denen Menschen gerne zusammenkommen und in echte Interaktionen mit den Besuchern und den Besucherinnen treten. Des Weiteren muss sich die Museumslandschaft vor den globalen Fragen der Gesellschaft positionieren, um zu einer gesellschaftlichen Stimme zu werden. Die Digitalisierung der Museen würde ich als „Corona-Blüte“ bezeichnen, denn erst durch diese Situation wurden viele Einrichtungen zu der digitalen Welt und zu deren Angeboten geführt. Diese „Blüte“ muss gepflegt werden, um die digitalen Kompetenzen der Museen dauerhaft nutzen zu können, und aktiv zu fördern. Gerade jetzt kann diese Blüte helfen, die Museen bei der Beschleunigung des digitalen Wandels zu unterstützen.

Einblick in den Videodreh zu "Museum digital" des Badischen Landesmuseums

© Uli Deck

Vielen Dank für das Interview, lieber Herr Prof. Dr. Köhne!

In welchen Kultureinrichtungen Sie Kultur endlich wieder vor Ort erleben dürfen und was Sie beachten müssen, um Ihren Aufenthalt dort in vollen Zügen genießen zu können, erfahren Sie auf unserer Webseite, die alle aktuellen Informationen dazu bündelt.

Nach wie vor stehen Ihnen natürlich auch unsere digitalen Angebote aus der Karlsruher Kulturszene auf unserer Kultur@Home-Webseite zur Verfügung.

Bleiben Sie gesund, tanken Sie Kultur - sowohl analog als auch digital - und unterstützen Sie dabei Ihre lokale Kulturszene!