Die 80er - Sie sind wieder da!
Das Kult-Jahrzehnt im Badischen Landesmuseum
Ob Zauberwürfel, Aerobic-Outfit oder Pacman: Die 80er sind aktuell wieder ganz schön im Trend! Spätestens seit der Kultserie „Stranger Things“, durch die Kate Bush‘s „Running Up That Hill“ auf allen Sendern zu hören war, besteht kein Zweifel mehr, dass die Faszination für diese Zeit ungebrochen ist. Doch wie war es wirklich in den 80ern? Wir als Kinder der Neunziger können uns selbst natürlich nicht mehr daran erinnern und kennen die Zeit – wie alle Altersgenoss*innen – nur aus den Erzählungen unserer Eltern oder Großeltern. Umso mehr freuen wir uns, in der neuen Ausstellung „Die 80er – Sie sind wieder da!“ im Badischen Landesmuseum zu einer Zeitreise in dieses Jahrzehnt aufzubrechen.
Ab in die Vergangenheit…
Direkt vor dem imposanten Karlsruher Schloss werden wir von Fahnen im knalligen 80er Jahre-Design begrüßt. Hier sind wir richtig! Schnell die Taschen einschließen, dann kann es auch schon losgehen. Als sich die Tür zum Ausstellungsraum öffnet, sticht uns direkt eine große, in bunten Farben leuchtende Wand ins Auge. Dutzende Gegenstände, Bilder oder Zeitschriftencover aus den 80ern begrüßen uns und wecken gleich die unterschiedlichsten Assoziationen. Rollschuhe hatte auch ich als Kind noch, und auch den berühmten Zauberwürfel kenne ich gut. Die Fotos der Jugendlichen mit ihren Tourenrucksäcken im Zug kommen mir hingegen eher schon historisch vor…
Auf den Straßen der 80er
Wir reißen uns los und werfen einen Blick auf die Szene, die sich hinter der Wand öffnet. Der Raum ist in grau gehalten und nimmt uns mit auf eine typische Straße der 1980er Jahre. In den verschiedenen Vitrinen können wir Objekte betrachten, die alle für die politischen und öffentlich diskutierten Themen der 80er Jahre stehen. Vieles davon erinnert an Heute. So ist die Umweltbewegung, die in der Gründung der Grünen in Karlsruhe einen Höhepunkt fand, auch heute wieder mitten im Tagesgespräch. Der Helm, den die Grünen-Politikerin Petra Kelly auf Friedens- und Abrüstungsdemonstration getragen hat oder ein Band, dass für eine kilometerlange Menschenkette von Stuttgart nach Ulm gegen die Stationierung von Mittelstreckenraketen in diesem Raum entstanden ist, haben durch die gegenwärtigen politischen Konflikte wieder rasant an Aktualität gewonnen. Das Plastikgemüse, das an die Entsorgung möglicherweise radioaktiv verseuchter landwirtschaftlicher Erzeugnisse erinnert, kenne ich nur aus Erzählungen. Ein Stück Kühlturm aus dem Philippsburger Atomkraftwerk, das erst vor Kurzem gesprengt wurde, weckt jedoch auch in mir Erinnerungen. Diesen Turm habe ich noch stehen gesehen, schon ist er nicht nur entfernt worden, sondern sogar Teil der Geschichte und des Museums als Zeugnis unserer Abkehr von der Atomenergie.
Ein besonderes Highlight der Straßen-Szene ist ein originalgetreu wirkender Kiosk. Mit einer stilechten Markise, einer Litfaßsäule und einem historischen Motorrad lädt er zum kurzen Verweilen ein. Einige Verkaufsregale im Kiosk sind noch leer. Hier können alle, die die 80er selbst erlebt hat oder spannende Stücke vermacht bekommen hat, selbst Objekte einreichen und so selbst an der Ausstellung mitwirken. Wann kann man schon einmal selbst so eine Schau kuratieren?
Zwei Länder werden eins
Als wir uns auf das Ende des Raumes zubewegen, erwartet uns keine geöffnete Tür. Vorbei an einer Fotowand, die eine demonstrierende Menschenmasse zeigt, bewegen wir uns durch eine durchbrochene Mauer, deren übrige Ziegelsteine noch an den Seiten zu sehen sind. Das passt natürlich perfekt zum politischen Ende der 80er: Mit dem Mauerfall und der Wiedervereinigung der BRD und der DDR steht ein einschneidendes freudiges Ereignis am Ende dieses Jahrzehnts. Ein besonderer Schwerpunkt der Ausstellung wurde mit dem Erinnerungslabor OstWest auf die Geschichte des geteilten Deutschlands gelegt. Hier werden unter professioneller Anleitung Geschichten gesammelt, um ein Zeitzeug*innenarchiv anzulegen. Ihr wisst noch spannende Erzählungen zu diesem Thema, oder kennt jemanden, der aus dieser Zeit berichten kann? Dann nichts wie hin! Auf der Website des Badischen Landesmuseums findet ihr mehr zum Projekt.
Nicht von dieser Welt
Hinter der durchbrochenen Mauer erwartet uns noch einmal eine völlig neue Welt. Aus dem Grau der Straßenszene schlendern wir hinein in die Welt des Kinos, der Musik und der Stars. Eine Figur, die als Hommage an Steven Spielberg einem kleinen Außerirdischen stark ähnelt, streckt uns ihren Finger entgegen, um „nach Hause zu telefonieren“. Zu niedlich, um kein Selfie zu machen! Kinoplakate der größten Kinohits der 80er – von Rain Man über Dirty Dancing bis hin zu Blade Runner – leiten über in einen Bereich, in dem sich alles um die Musik dreht. Die war in de 80ern ziemlich vielfältig.
Star Power: Promis zu Gast im Karlsruher Schloss
Ein Schlagzeug der Tödlichen Doris steht für die Ursprünge des Punk, und auch der Hip Hop steckte in den 80ern in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Mit Rapper TORCH aus konnte das Badische Landesmuseum einen Stargast für eine besondere Aktion gewinnen: Der Rapper hat eine eigene Vitrine kuratiert, in der er seine persönlichen Erinnerungen anhand seiner Besitztümer aus den 80ern in die Ausstellung bringt. Und auch weitere Stars aus den unterschiedlichsten Bereichen haben ihre persönlichen Erinnerungsstücke zur Verfügung gestellt. Sänger Klaus Meine von den Scorpions zeigt nicht nur ein Manuskript des Megahits „Wind Of Change“, sondern auch seine Lederjacke. Thomas Anders stellt seinen goldenen Bravo Otto aus der Zeit mit Modern Talking und Udo Lindenberg präsentiert eines seiner legendären Outfits. Auch aus dem Sport sind Highlights zu sehen: Tennis-Ass Steffi Graf hat dem Badischen Landesmuseum ihre Goldmedaille der Olympischen Spiele 1988 in Seoul geliehen, mit der sie den sogenannten Golden Slam im Tennis schaffte.
Vom Trend zum Kult
Musikalisch wird es auch bei einem Musikquiz, bei dem wir gleich unser Wissen über die 80er-Hits austesten. In Zusammenarbeit mit dem SWR ist in diesem Raum auch eine Wand entstanden, an der die Top 100 Platten aus den 80ern versammelt sind und so manche musikalische Erinnerung wecken.
An dieser Stelle wartet nun auch endlich auf uns, worauf wir sehnlichst gehofft hatten: Die typischen 80er Jahre-Outfits sind zu entdecken! Vom sportlichen Aerobic-Fan bis hin zur Powerfrau, vom Bhagwan-Anhänger bis hin zum Friesennerz, getragen bei einer Anti-Atomkraft-Demo: Mit diesen Outfits fühlen wir uns gleich zurückversetzt in der Zeit.
Willkommen Zuhause
Nach diesem wilden Ritt durch die vielfältige Popkultur der 80er wird es wieder etwas privater. Wir gelangen in einen Raum, in dem uns zunächst Fotos von Herlinde Koelbl und Christian Borchert erwarten. Beide haben deutsche Wohnzimmer bzw. Familien in ihren Wohnzimmern fotografiert und geben so Einblicke in den ganz privaten Lebensraum der Menschen in den 80ern. In der Mitte des Raumes können wir diesen Lebensraum auch direkt selbst erleben: Hier wurden ein originalgetreu eingerichtetes Wohn- und ein Jugendzimmer der 80er Jahre nachempfunden, inklusive stilechter Tapete, mit Stickern beklebter Teenager-Tür und Fernseher. Auch hier können Besucher*innen ihre eigenen Gegenstände mit in die Ausstellung einbringen und das Jugendzimmer ganz mit Objekten aus ihren persönlichen 80ern ausstatten.
Um dieses Zimmer herum sind Objekte des täglichen Lebens der 80er gruppiert. Wir finden die uns noch bekannte Kassette mit Rekorder, den Walkman, den wir als Kinder auch noch herumschleppen durften und auch das schon nicht mehr so bekannte Telefon mit Wählscheibe. Erschreckend, wie drastisch sich die Technik in den letzte Jahrzehnten weiterentwickelt hat, wohingegen wir uns in anderen Bereichen immer noch mit den gleichen Themen befassen, wie in den 80ern – Politik, Umweltschutz.
Raus in die Welt!
Ein besonderes Highlight ist jedoch die Ecke, in der das Reisen der 80er vorgestellt wird. Ein Tourenrucksack und Souvenirs stellen besonders Interrail vor, ein Zugticket, mit dem man für einen Monat durch Europa touren konnte. Für viele Jugendliche damals der Inbegriff von Freiheit, und auch heute wieder im Gespräch durch die Idee, an 18-Jährige in der EU ebensolche Tickets zu verlosen, um junge Erwachsene für die EU zu begeistern.
Beschwingt durch die Reise-Inspiration begeben wir uns in den letzten Raum. Hier finden wir weniger einen klassischen Museumsraum vor, sondern eher einen Aufenthaltsraum mit viel Material zum Schmökern oder auch einfach nur zum Entspannen. Hier werden immer wieder Begleitveranstaltungen zur Ausstellung angeboten, seien es Tanzkurse, Gespräche oder Disko-Abende. Für heute blättern wir noch ein wenig im Magazin zur Ausstellung, das spannende Artikel zu den Themen der 80er, aber auch persönliche Erinnerungen beinhaltet, bevor wir uns wieder vor in der Zeit und hinaus in die 2020er bewegen. Ein gelungener Museumstag endet im sommerlichen Schlossgarten, an dem wir nicht nur viel über die Vergangenheit lernen und so Einiges erleben durften, sondern auch viel Inspiration für die Gegenwart mitnehmen konnten.